Sonntag, 7. März 2021

All-In-One Umschaltbox

Jedes Mal wenn ich einen Verstärker baue, würde ich eigentlich einen Eingangswahlschalter und eine kanalgetrennte Lautstärkeregelung benötigen und wenn ich mit 1-Röhrenverstärkern arbeite, die oft mehr wie 2V am Eingang sehen möchten, um voll ausgesteuert zu werden, auch noch eine "passive" Möglichkeit das Eingangssignal anzuheben.

Eine Umschaltbox für 3 Eingänge und einen Ausgang hab ich mir zwischenzeitlich gebaut, aber eine getrennte Lautstärkeregelung war immer noch in jedem Verstärker separat ausgeführt. 

Kanalgetrennte Lautstärke, u.a. weil man sich so den Balanceregler spart und dennoch Kanalungleichheiten ausgleichen kann, aber vielleicht ist ja so auch die Kanaltrennung noch etwas besser, als ein Balanceregler, über dem beide Kanäle irgendwie "verheiratet" sind ? Von guter Qualität sollen die Regler natürlich auch sein, was einen vom Preis-Gegenwert fast unweigerlich auf die blauen Alps-Potis kommen lässt. Diese sind aber mit ca. 12 Euro/St., auf Dauer (in jedem Verstärker verbaut), auch nicht gerade billig 😉.

Bei 1-Röhrenverstärker, die auch noch einen höherer Eingangsspannung als 2Veff benötigen, ich dieses aber nicht "aktiv", über eine weitere Röhrenstufe ausführen will (sonst wäre der Sinn eines 1-Röhrenverstärkers ja wieder ad absurdum geführt 😉), brauche ich dann eben zusätzlich Eingangsübertrager, die mir das Signal zumindest um 1:2, also von z.B. 2Veff auf ca. 4Veff, hochtransformieren.

Dafür hatte ich bisher entweder die Übertrager E-1240 von Expirience Electronics, die ich, weil sie recht kleine Abmessungen hatten, gleich mit ans Poti verbaute oder eben die Lundahl LL7902, die dann schon einiges größer und schwerer waren und die ich irgendwo mit im Verstärker unterbringen musste. Billig sind solche Übertrager generell nicht, der E-1240 ca. 50 Euro/St. und der LL7902 ca. 125 Euro/St..

Die LL7902 hatte ich mittlerweile schon in ein separates Gehäuse gebaut, um sie bei Bedarf mit in den Eingang mit "einzuschleifen". Dafür wurden aber wieder zusätzliche Buchsen, Stecker und Kabel benötigt, die 1. ja auch wieder, 2. sich bei einem kürzlichen "Kabel-Klangtest", durchaus klangbeeinflussend auswirken können, von den Übergangswiderständen von den Kontakstellen und Lötverbindungen mal ganz abgesehen.

Jetzt wollte ich aber noch "universeller" werden, zusätzliche Cinch- und Lötverbindungen vermeiden und gleich noch die besseren LL7903 Eingangsübertrager verwenden. 

Das ist dabei herausgekommen.


 
Frontseitig die beiden kanalgetrennten Lautstärkeregler und mittig der Eingangsumschalter.
 

 
 
Rückseitig die Eingangs- und Ausgangsbuchsen und kanalgetrennte Schalter, um das Ausgangssignal entweder über den Übertrager, potentialgetrennt, um 1:2 anzuheben oder eben "direkt" durchzuschalten (Übertrager "überbrückt"). Das Signal wird aber letzendlich immer noch über die Potis geführt, um die Lautstärke regeln zu können.
 
 


Im Inneren die zwei Lundahl LL7902 Übertrager.
 
Anfangs wollte ich die primäre- und sekundäre Wicklung, jeweils von Masse und Signal, mit Schaltern einfach überbrücken, aber dann wären ja immer noch die Spulen parallel zum Signalweg gelegen, was sicher die Gesamtimpedanz, zusammen mit dem Poti (50kOhm log) und dem Gitterableitwiderstand, komplett verändert hätte. Von den "Kapazitäten", die Aus- und Eingänge haben, mal ganz abgesehen.

Kapazitäten addieren sich, wenn sie parallel geschalten werden, Widerstände verringern sich nach der Formel Rges=(R1+R2)/(R1*R2).

Das sich der Widerstandswert am Ausgang eines Potis ändert, ist ja für die Lautstärkeregelung gewollt. 
Zu diesem "Teilwert" liegt dann z.B. noch ein 100kOhm Gitterableitwiderstand parallel. Dieser ist notwendig, damit die Röhre "klare" Verhältnisse am Eingang hat. Im schlimmsten Fall, wenn der Eingang unbeschaltet bleibt, können, wenn auch nur wenige Elektronen in das Eingangsgitter fließen, anstatt zu Masse abgeleitet zu werden, was man auch Gitteranlaufstrom nennt, was die Gittervorspannung und somit den Arbeitspunkt verändern könnte. Ein Poti reicht normalerweise für diese Aufgabe, aber was, wenn dieses nach vielen Jahren des Regelns kaputt geht, sprich eine Unterbrechung der Widerstandsschicht durch Abnutzung einstellt ?

Was passiert also mit dem "Teilwiderstand" des Potis, dem der Ableitwiderstande parallel liegt, wenn die Lautstärker verändert wird ?

Hier mal beispielhaft gerechnet. R1 und R2 sind die Teilwiderstände des Potis, bei unterschiedlichen Stellungen bzw. Lautstärken. RL ist die Belastung, z.B. durch den Eingangswiderstand bzw. Impedanz (da frequenzabhängig) des Verstärkers, der z.B. durch den Gitterableitwiderstand, etc. gebildet wird. Die Quell-Impedanz ist hier nicht mit eingezeichnet, werden aber noch darauf zu sprechen kommen.


"R Out" ist der Widerstand der sich dem Verstärkereingang zeigt. Hier sollte der Wert nur nicht den max. möglichen Gitterableitwiderstand (s. Datenblatt) übersteigen. Geringere Werte sind unkritisch. 

"R in" ist der Wert, der den Übertrager sekundärseitig belastet und eigentlich, für den LL7903, gleichbleibend 30 kOhm haben soll. Wie sie aber lt. obenstehender Rechnung sehen können ist von 33,33 kOhm bis 50 kOhm alles dabei. In wie weit das klangverschlechternd ist, kann ich nicht sagen, u.a. weil es ja dann auch immer leiser wird, wo unser Ohr eh nicht mehr so empfindlich ist ?


Des Weiteren verhalten sich die Primär- und Sekundärimpedanzen im umgekehrt quadratischen Verhältnis, wie das Übersetzungsverhältnis. Also bei 1:2 Signalanhebung, verhält sich die Eingangsimpedanz zur Ausgangsimpedanz wie 4:1.
 
Rechnen wir mal beim Übertrager. Bei z.B. 33,33kOhm, was der Übertrager in Stellung "Laut" sekundärseitig sieht, wird dieser Wert also im Verhältnis 4:1 auf die Primärseite gespiegelt, also 33,33kOhm/4=8,33kOhm und bei 50kOhm (Leise) sind es dann 12,5kOhm. 

Dieser Wert ist wichtig, weil die Quelle (CD-Player, RIAA-Vorverstärker), mit diesen Werten belastet wird und das muss sie auch können, aber es geht noch weiter. Es wird sogar empfohlen, u.a. wegen Frequenzgangseinbußen oder um Phasenverschiebungen zu vermeiden, ein Verhältnis bei der Quell- zur Lastimpedanz von 1:5 oder besser noch 1:10 zu haben. Das höhere Verhältnis, u.a. wenn man mehrere Verstärkerstufen hintereinander hat.

Also ergeben sich bei 1:5 bei 8,33kOhm, nur noch 1,67kOhm, besser noch 1:10, also nur noch 0,83kOhm. Ein CD-Player dürfte das noch problemlos schaffen, aber ein "Standard"-RIAA-Vorverstärker wahrscheinlich nicht mehr, u.a. deswegen hab ich mir nochmal einen RIAA-Vorverstärker mit ca. 1,6kOhm Ausgangsimpedanz gebaut.

Ein Übertrager ist also nicht ganz ohne und man sollte zumindest halbwegs wissen wie er funktioniert, nicht das man dann wieder schimpft, das es nicht funktioniert oder nicht klingt 😉.

Aber wieder zurück zur Umschaltbox. 

Jetzt überbrücke ich "direkt" nur noch die Masse, der Signalweg wird jedoch beidseitig weggenommen und zusätzlich überbrückt. Hierfür benötige ich jetzt schon einen 4xUm-Schalter pro Kanal.

 

So sieht das Ganze verdrahtet aus. Nicht schön, aber selten 😉.

Stolze 800g wiegt die Kiste. Der Großteil ist den nicht ganz kleinen Übertragern von Lundahl geschuldet 😉.

Deckel drauf und beschriftet - fertig ist die Laube 😉.


Ein 1. Schnelltest hat auch funktioniert, wird sich aber erst so richtig bei Verstärkern ohne Lautstärkeregler und einem erhöhten Eingangsspannungsbedarf zeigen.


14.03.2021

Ich hab jetzt die Skalen noch weiß hinterlegt. Damit sieht man dann auch nicht mehr die außermittigen Bohrung für den Verdrehschutz der Potis.